Physikalische Biologie: Veröffentlichung in Translational Psychiatry. Neue Studie zeigt mögliche Ursachen für psychiatrische Erkrankungen
Bildliche Darstellung von Zusammensetzung und Architektur der regulatorischen Domäne von DISC1 in Fibrillen und symmetrischen Oligomeren.
(Foto: Abhishek Cukkemane et al)
11.01.2022 – Das eine fehlerhafte Proteinbildung in Zusammenhang mit der Entstehung von bestimmten psychiatrischen Erkrankungen steht, haben jetzt erstmals Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich und der Heinrich-Heine-Universität (HHU) Düsseldorf in einer Studie gezeigt. Im Zentrum der Untersuchungen stand dabei das Protein DISC1 (Disrupted in Schizophrenia 1). Eine Fehlfunktion von DISC1 wurde bereits bei Krankheiten wie Schizophrenie, bipolaren Störungen und schweren Depressionen beobachtet. Das Forschungsteam konnte nun zeigen, dass DISC1 Fibrillen bilden kann, die bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Fibrillen haben, die man bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson findet. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin Translational Psychiatry erschienen.
Die Ursachen von chronischen psychischen Erkrankungen sind vielfach noch nicht geklärt, daher fehlen auch geeignete Therapien. Die Forschung der letzten zwei Jahrzehnte hat jedoch erbracht, dass eine Funktionsstörung des Proteins DISC1 in Zusammenhang mit verschiedenen psychiatrischen Störungen steht. DISC1 ist ein vielseitiges Protein, das in Zellen unzählige Funktionen erfüllt und beispielsweise die neuronale Entwicklung beeinflusst. Es dient als multifunktionales Gerüstprotein und bildet Komplexe mit einer Vielzahl von Partnern.
In ihrer Studie kombinierten die Forschenden Strukturbiologie und biophysikalische Untersuchungen. Beteiligt war unter anderem das Institut für Physikalische Biologie der HHU (Leitung: Prof. Dr. Dieter Willbold). Die Ergebnisse von NMR-Spektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance, dt. Kernspinresonanz) und Elektronenmikroskopie zeigen, dass in einer bestimmten Region von DISC1 nicht nur symmetrische Oligomere gebildet werden – Moleküle, die aus mehreren strukturell gleichen oder ähnlichen Einheiten aufgebaut sind. Das Protein lässt dort auch Fibrillen – hochgeordnet aneinandergereihte Eiweißbausteine – entstehen, die Amyloidfibrillen ähneln, wie sie auch bei neurodegenerativen Erkrankungen in Ablagerungen gefunden werden. Solche Fibrillen gelten als Ursache unter anderem für Parkinson und die Alzheimer-Demenz.
Die Ergebnisse unterstreichen, dass DISC1 eine entscheiden Rolle spielt: zum einen in der Zelle als multifunktionales Gerüstprotein. Zum anderen weist aber die Möglichkeit der Entstehung von Fibrillen darauf hin, dass hier die mögliche Ursache von psychiatrischen Erkrankungen liegt.
Originalpublikation
Cukkemane, A., Becker, N., Zielinski, M. et al. Conformational heterogeneity coupled with β-fibril formation of a scaffold protein involved in chronic mental illnesses. Transl Psychiatry 11, 639 (2021).
DOI: 10.1038/s41398-021-01765-1
Redaktion: Dr.rer.nat. Arne Claussen
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